Freitag, 21. Januar 2011

Ich konnte ja nicht anders...

Man möchte fast sagen, wir leben in einer schwachen Zeit. In einer Zeit, in der es kaum noch aufrichtige, ehrliche Menschen gibt. Kaum noch Menschen die sich ihrer sozialen Verantwortung bewusst sind oder sein wollen. So vieles wird anonymer und das soziale Klima immer kälter.

So möchte man sagen. Aber wie sah es denn zu anderen Zeiten aus? Wie sah es mit den stillen Unterstützern der Hexenverbrennungen aus, wie mit den europäischen Auswanderern die auf dem Land der amerikanischen Ureinwohner ihre neue Farm gebaut haben? Wie sah es mit den Kriegs-Gewinnern zu allen Zeiten aus? Was ist mit den kleinen Duldern oder Unterstützern des Holocaust, was mit den Wegschauern während der Völkermorde in Ruanda?

Nein, das ist kein neues Phänomen. Egoismus und asoziales Verhalten gab es zu jeder Zeit. Und immer hört man diese Stromlinienförmigen, die Profiteure, sagen: "Ich konnte ja nicht anders..." und "ich musste doch, sonst wäre es mir selbst schlecht ergangen".

Zugegeben: wenn man Angst haben muss, selbst hingerichtet oder eingesperrt zu werden, nur weil man einen Verfolgten unterstützt und ihm hilft sich gegen seine Peiniger zu wehren, dann ist das eine unglaublich schwere Entscheidung. Aber darum geht es jetzt auch gar nicht.

Es geht um die kleinen Drückeberger, die ein Unrecht nicht sehen wollen und sich zum Beispiel hinter Paragraphen verstecken und behaupten "die Rechtslage ist leider so, ich kann nichts daran ändern" oder auch nur "daran kann ich alleine ja doch nichts ändern". Wenn Versicherungen sich mit allen juristischen Mitteln gegen Ihr eigenes Versprechen, im Fall der Fälle kulant zu Helfen, wehren, wenn Finanzdienstleister ihre Vertreter dazu bringen, ihren Kunden hochriskante Abzocker-Anlagen zu verkaufen und dadurch den Kleinanlegern das Geld aus der Tasche ziehen und sich bereichern, dann ist das asozial und oft auch ein Verbrechen, zumindest an der Menschlichkeit.

Nur leider kann der kleine abgezockte Anleger die Ausbeutung dem großen Finanzdienstleister mit gutbezahlter Marketing- und Rechtsabteilung ja nicht beweisen. Es tut dem Finanzdienstleister / der Versicherung / ... ja unglaublich leid, dass es da Einzelfälle gibt, die sich betrogen fühlen, aber daran kann man leider nichts ändern. So ist nun mal die Rechtslage, so ist nun mal das Leben: "Mal gewinne ich und mal verlierst du", sagt der profitierende Drückeberger. Und so weiter und so fort...

Nein, nein: Jeder Einzelne könnte anders und nach seinem Gewissen entscheiden. Jeder Einzelne könnte Verantwortung nicht nur für sich selbst, sondern auch für Andere übernehmen. Aber es ist doch so viel einfacher/billiger/profitabler, sich hinter Gesetzen zu verstecken und diese als Ausrede zu gebrauchen, dass man ja unglaublich gerne helfen würde, dass einem nur leider, leider die Hände gebunden sind. /Das/ ist der Untergang des Abendlandes und nicht irgendwelcher erfundener, selbstgezüchteter Terror oder die Globalisierung mit allen ihren Facetten. Die Ausbeutung Anderer zum eigenen Vorteil, diese Ungerechtigkeiten, das ist das Problem und das beschert uns all diese Konflikte im Kleinen wie im Großen.

Natürlich muss ich bei Geschäftsabschlüssen verhandeln und versuchen für mich das Beste herauszubekommen. Wenn ich aber nicht sehe oder nicht sehen will, dass ich meinen Gegenüber gerade ruiniere und ausbeute und es trotzdem immer weiter treibe und auch noch die Schuld dafür auf den Ausgebeuteten selbst schiebe ("er/sie hätte das ja nicht mitmachen müssen"), dann ist das Gewalt die manchmal nur noch zwischen Sklaverei und Krieg schwankt. Und diese Gewalt ist nicht besser als wenn ich dem Ausgebeuteten gleich ein Messer in den Bauch rammen oder ihm eine Kugel in den Kopf jagen würde. Diese Ausbeutung ist sogar noch viel perfider und furchtbarer. Denn wer finanziell ruiniert oder anderweitig ausgebeutet wurde und das an jedem einzelnen verdammten Tag wieder spüren muss, der leidet viel länger. Der ausgebeutete muss jeden Morgen wieder mit der Gewissheit aufstehen, dass sich an seiner aussichtslosen Lage nichts mehr ändern wird.

Und dann sagte der Profiteur noch "ich konnte ja nicht anders..."

Mittwoch, 5. Januar 2011

Dioxin hin oder her, aber...

Die Tagesschau schreibt einen Artikel zum Thema Dioxin-verseuchter Lebensmittel wie Eier oder jetzt auch Schweine. Es wird detailliert beschrieben, wer was wohin geliefert hat, dass die Staatsanwaltschaft zur Beweissicherung Firmen-Büros durchsucht hat und so weiter und so fort. Soweit die Fakten. Was aber dann kommt ist so vorhersehbar wie frustrierend und schlicht zum davonlaufen.

Vorwurf an die Tagesschau:
Am Ende des Artikels steht eine Umfrage, ob denn die Kontrollen von Lebensmitteln ausreichen oder ob die Kontrollen nicht verschärft werden sollten. Und wenig überraschend sprechen sich über 80% dafür aus, dass die Kontrollen verschärft werden sollen. Das ist nichts weiter als Beeinflussung und Dressur. Wenn ich auf einem Schiff von der Titanic erzähle und davon dass aktuell schon mehr Schiffe gesunken sind als vorher, dann wollen auch alle mehr Rettungsboote, obwohl für jeden schon drei freie Plätze vorhanden sind.

Vorwurf an die Politiker:
Die Agrarminister wollen über Konsequenzen sprechen und es fällt ihnen spontan ein ganz tolles Mittel ein: schärfere Strafen. Na prima! Zurzeit sind es laut Tagesschau bis zu 3 Jahre Gefängnis oder eine Geldstrafe. Und nun? Glaubt ihr wirklich, dass sich die Gauner von 6 Jahren oder von 8 Jahren abschrecken lassen?

Strafen schrecken nicht ab! Wann begreift ihr das endlich?
  • Jemand der eine Straftat wissentlich begeht der rechnet doch nicht damit, dass er jemals erwischt wird. Sonst würde er es ja gleich sein lassen oder sich eben schlauer anstellen um nicht erwischt zu werden. 
  • Oder es ist ein Triebtäter, dann kann er gar nicht anders, denn Triebe kann man nicht abschrecken. 
  • Und wenn jemand eine Straftat aus Unwissenheit begehen sollte, für den reichen auch 3 Jahre. Der wäre bei 6 Jahren Strafe vorher genauso unwissend gewesen und lernt aus 3 Jahren Haft sicherlich, dass er so etwas nicht nochmal machen sollte.
Also Genossen Politiker, bitte, bitte, bitte: erst nachdenken und sich informieren was Sinn macht und was nicht.

Es geht nicht darum!

Weil das offensichtlich manchem noch nicht klar ist und zusätzlich aufgeschreckt durch einen Kommentar auf Facebook, der sich darüber amüsierte, dass Castor-Gegner im November ein "Gegen Stuttgart21"-Banner hochgehalten haben und dazu meinte, dass doch in Stuttgart gar kein Endlager gebaut werden soll. Stimmt und stimmt nicht. Kein Endlager für Atommüll, soweit richtig, aber auch völlig irrelevant.

Es geht in Stuttgart nicht um einen Bahnhof, es geht in Gorleben nicht um ein Endlager, es geht in Berlin nicht um eine Wasserversorgung, es geht beim Ärger über defekte Klimaanlagen in Zügen nicht um technische Defekte, ...

Nein, es geht vielmehr darum, dass Volksvertreter ihre Pflichten verletzten und nicht mehr dem Volk dienen! Es glaubt keiner mehr, dass durch Prestige-Projekte irgendetwas erreicht wird, außer den Beteiligten ein Denkmal zu setzen. Die meisten Projekte und Beschlüsse scheinen nur noch hochgradig Günstlings-getrieben zu sein. Außer dem Zuschachern von Aufträgen oder sonstigen Vorteilen an diverse Branchen (Automobil, Banken, ...), Firmen (Hochtief, Bahn, ...) oder Manager (Wulff, Koch, ...) ist kein Sinn mehr erkennbar.

Wird noch irgendein politischer Beschluss erstens von sachlich kompetenten Menschen und zweitens für das Gemeinwohl gefasst? (Danke für den Zwischenruf: ja natürlich, Politik bedeutet immer auch Kompromisse machen. Soweit klar und verstanden). Beschlüsse (und damit die erwähnten Kompromisse) werden nur noch zu lasten des Gemeinwohls und zum Nutzen von Branchen/Firmen/Managern gefasst.

Nehmen wir ein aktuelles Beispiel: Wieso ist der Dioxin-Grenzwert für Eier so niedrig? Nicht weil Politik und Industrie die Gesundheit der Menschen im Auge hatten. Nein, sondern weil dadurch Käfighaltung einen Vorteil gegenüber Freilandhaltung gewinnt. Denn Hühner unter freiem Himmel nehmen automatisch Dioxin über die Luft und Regen auf. Nur in sterilen Käfig-Massen-Tierhaltungen kann ein entsprechender Grenzwert leicht eingehalten werden. Aber das ist Augenwischerei! Das Dioxin ist überall um uns, weil wir es durch Industrie in die Luft pusten!

Oder nehmen wir dann doch Stuttgart 21. Es geht doch den Befürwortern in Politik und Wirtschaft nicht um einen leistungsfähigen Bahnhof. Wenn es darum ginge, dann würde man den Kopfbahnhof für einen Bruchteil des Geldes von S21 sanieren und alle wären glücklich. Nein, es geht um die freiwerdenden Flächen in bester Innenstadt-Lage, auf die man wunderbare Einkaufszentren bauen und sehr gut daran verdienen kann.

Ihr lieben Einkaufszentrum-, Legehuhn-Fabrik- und "Was-Auch-Immer"-Investoren seid jetzt ganz betroffen und sagt, das wäre ja furchtbar unfair, euch so infame Geldgier vorzuwerfen? Und ich frage zurück: Worum geht’s denn sonst im Kapitalismus als um Gewinn-Steigerungen und Wachstum?

Ein tolles Wort übrigens:  "Wachstum". Klingt so gut und unschuldig. Wachstum ist doch gut. Jedes Kind und jeder Baum muss wachsen und sich entwickeln. Klar, nur hat dieses Wachstum leider nichts mit dem Wirtschafts-Wachstum zu tun, dass uns immer verkauft wird. Denn was wächst denn da im Kapitalismus? Die Gewinne der oberen Zehntausend und nicht etwa der Wohlstand der Mehrzahl der Menschen. Die Mehrzahl der Menschen hat immer weniger zum Leben und nur wenige schwelgen in immer größerem Überfluss!

Darum geht es! Um soziale Ungerechtigkeiten die systematisch von der Politik gefördert werden unter dem verlogenen Deckmäntelchen der Förderung des Wachstums. "Aufschwung", "Innovation", "Wohlstand" und wie die hohlen Phrasen alle heißen, mit denen uns die Politiker und Werbe-Strategen einwickeln! Es geht darum, dass wir es satt haben, belogen, betrogen und ausgebeutet zu werden! Und dann ist es egal, ob es ein Bahnhof oder ein Atomendlager oder Laufzeitverlängerungen oder was auch immer ist, dass das Fass zum überlaufen bringt!

Sonntag, 2. Januar 2011

Kapitalismus-Verdrossenheit

Politikverdrossenheit ist das neue Schlagwort. Verdrossen sind inzwischen viele Menschen, aber sind sie deswegen "politikverdrossen"? Es geht doch eher darum, dass uns die Ausreden, Halbwahrheiten oder sogar Lügen der Regierenden und auch der Wirtschafts- und Banken-Manager zum Hals raus hängen. Es geht nicht darum, dass wir nicht mehr gestalten wollen. Es geht darum, dass wir nicht mehr gestalten können, weil alle Nischen bereits durch Profiteure und deren Netzwerke besetzt sind.

Im Zeitalter des "Mitmach-Internet" werden wir es uns nicht mehr lange gefallen lassen, dass Projekte wie Hamburger Elbphilharmonie, Stuttgart 21, Atomkraft-Laufzeitverlängerung, Zwischenlagerung von Atommüll in Gorleben, ... dass alle das weiterhin über unsere Köpfe hinweg entschieden wird.

Natürlich bedeutet Zusammenleben und dementsprechend auch Politik, dass man Kompromisse machen muss. Aber gefühlt waren alle Kompromisse der letzten Zeit zum Schaden des Steuerzahlers und zum Nutzen von Konzernen, Managern oder Politikern. Wie sagte Greenpeace so schön: "Wenn die Erde eine Bank wäre, hättet ihr sie längst gerettet!".

Oder ist das Ganze gar kein Problem des politischen Systems sondern ein Problem des Kapitalismus? Das Kapital und dessen Vermehrung auf unser aller Bankkonten ist das beherrschende Ziel geworden. Es ist nur noch wichtig, was für mich dabei herausspringt. Ob sich mein Geld auf dem Rücken der Menschen in der dritten Welt und auf Kosten der Umwelt vermehrt, ist vollkommen irrelevant, so scheint es. Hauptsache ich kann den Profit einstreichen.

Soziale Aspekte scheinen gänzlich unwichtig geworden zu sein. Wundern wir uns dann, warum die sozialen Probleme in unserer Gesellschaft stark zunehmen? Wundern wir uns, warum psychische Störungen/Erkrankungen zunehmen?

Die Natur, oder besser die Erde und ihre Rohstoffe, scheinen ja unbegrenzt verfügbar zu sein. Aber schaut euch an (Film "Home", 1h33min), wie sehr der Industrialismus mit seiner Ausbeutung die Erde schon zernarbt und verwüstet hat. Natürlich, noch ist es weit weg, irgendwo in Afrika, Asien oder Südamerika. Aber in der Natur hängt alles mit allem zusammen. Man kann da nicht auf der einen Seite der Erde eingreifen, ohne langfristig auch Änderungen auf der anderen Seite der Erde hervorzurufen.

Ob dort die Menschen zu Grunde gehen, während sie für uns wertvolle Rohstoffe für Handys oder anderen Luxus abbauen und nur einen Hungerlohn dafür bekommen ist uns auch egal. Natürlich hat jeder nur ein Handy, aber in zwei Jahren muss es dann spätestens das neue Modell sein. Und dann muss es noch eine Spielekonsole, ein Flachbildfernseher, ein Laptop, ein MP3-Player sein, und nicht zu vergessen ein neues Auto, ein Fahrrad, Skates, Ski, .... Und wenn man das dann aber mit einer Milliarde multipliziert, denn so viele Menschen leben in den Industrienationen, dann macht das eben doch mächtig was aus.

Nur was tun? Die großen Konzerne sind nur so groß, weil sie mehr oder weniger über Leichen gehen und Mensch und Natur ausbeuten, sich aber gleichzeitig ein soziales und umweltfreundliches Image geben. Müssen wir nun also alle wieder anfangen im Schrebergarten Kartoffeln, Tomaten und Erdbeeren anzubauen, dazu noch eine Kuh und Hühner und noch ein paar Schafe, denn anziehen müssen wir ja auch was.

Das ist sicherlich nicht die Lösung. Aber wir müssen aufwachen und uns klarmachen, was wir gerade anstellen; mit uns, mit unseren Mitmenschen und mit unserer Lebengrundlage: der Erde. Wir müssen Verantwortung übernehmen und den Politikern und Konzernen zeigen, dass wir mit deren Machenschaften nicht einverstanden sind. Wir müssen dafür sorgen, dass die Erde auch in 20 und 2000 Jahren noch bewohnbar ist. Wir müssen dafür sorgen, dass wir das Wunder des Lebens, das uns geschenkt wurde, nicht selbst auslöschen!
Und sich um dieses elementare Zeil zu kümmern, ist nun wirklich keine Politikverdrossenheit.